WIR SIND EUROPASCHULE
Die Ideen der Aufklärung, die Erklärung der Menschenrechte sowie die Parolen der französischen Revolution „liberte ́, fraternite ́, égalite ́“ sind im Europa des 21. Jahrhunderts gelebte Werte. Sie stehen für eine verbindende europäische Identität, jenseits von geographischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Disparitäten. Dieses europäische Selbstverständnis, das gleichzeitig ein Garant für das friedliche Zusammenleben auf diesem Kontinent ist, ist, wie die Geschichte zeigt, keine Selbstverständlichkeit. Es ist fragil, muss sich unter anderem immer wieder nationalistischer Tendenzen erwehren. Grundsätzlich gilt es jetzt und in der Zukunft das Identitätsgefühl der Bürger und Bürgerinnen in einem zusammenwachsenden Europa zu stärken und zu festigen. Diesem Bildungsauftrag fühlt sich das Erich Kästner Gymnasium im besonderen Maße verpflichtet.
Das Erich Kästner Gymnasium ist nur wenig jünger als die Stadt Laatzen, welche seit dem 1. März 1974 aus dem Zusammenschluss dörflicher Gemeinden entstanden ist. Zwischen der Landeshauptstadt Hannover und Laatzen liegt das international bedeutende Messegelände. Die Stadt Laatzen hat sich seit der Gründung zu einem Mittelzentrum entwickelt. Es gibt noch immer sehr dörfliche Strukturen aber die Nähe der Landeshauptstadt und „der Duft der weiten Welt“ sind ebenso spürbar.
Inzwischen hat jedes vierte Kind in Laatzen internationale, nicht immer europäische, Wurzeln. Entsprechend international ist die Schülerschaft des Erich Kästner Gymnasiums, so dass es in jeder Hinsicht eine „bunte Schule“ ist. Das Bewusstsein für gedankliche und kulturelle Vielfalt, Weltoffenheit, Toleranz und interkulturelle Verständigung basierend auf den Ideen der Aufklärung und des Humanismus, spielen in unserem Schulalltag eine wichtige Rolle, da dies ein Miteinander in Achtung und Wertschätzung ermöglicht. Der europäische Kulturraum, in der Einzelne eine radikale Aufwertung im Denken, Fühlen und Handeln mit der Hoffnung auf ein selbst gestaltetes Leben erfahren sollte, ist ein wichtiges verbindendes Element unserer Schulgemeinschaft, auch weil dies der Grund ist, warum die Eltern vieler Kinder mit Migrationshintergrund Deutschland als Zufluchtsort gewählt haben. Die Anerkennung der Unterschiede und die Notwendigkeit diese positiv zu respektieren, das kulturell Andere zu verstehen und andere Sprachen als notwendige Brücken zu Nachbarkulturen zu erlernen, ergeben sich aus eben dieser Unterschiedlichkeit unserer Schülerschaft und der Region Hannover als Wirtschaftsraum. Wir verfolgen kein abstraktes Konzept, sondern vermitteln unseren Schülern und Schülerinnen ein europabezogenes Wissen von europäischen und außereuropäischen Kulturen sowie Wertegemeinschaften, um ihnen zu ermöglichen, sich immer wieder mit der zentralen Errungenschaft einer selbstbestimmten Lebensplanung auseinanderzusetzen.
Diese Aspekte unseres Schulwesens zielen darauf ab, unseren Schülern und Schülerinnen auf ein Leben in einem immer weiter zusammenwachsenden Europa vorzubereiten. Unsere Schülerschaft soll befähigt werden, ihre fachlichen und sozialen Kompetenzen so zu erweitern, dass sie den gesellschaftlichen Aufgaben der Gegenwart gerecht wird und Verantwortung für die aktive Gestaltung eines Europas von Morgen übernehmen kann. All dies hat uns bewogen unsere Europaverbundenheit weiter auszuschärfen und auch nach außen zu dokumentieren.
Anhang: Europacurriculum
REDE DER SCHULLEITERIN BEIM FESTAKT ZUR VERLEIHUNG DES EUROPAZERTIFIKATS AM 16.07.2015
Liebes Kollegium, liebe Vertreterinnen und Vertreter der Schüler- und Elternschaft,
ich freue mich sie/Euch heute Nachmittag anlässlich der Zertifizierung des Erich Kästner Gymnasiums als Europaschule im Forum begrüßen zu dürfen. Begrüßen und der Schulgemeinschaft vorstellen, möchte ich auch den neuen Dezernenten unserer Schule, den Gesamtschuldirektor Herrn Bahr. Herr Bahr wird am Ende des Festaktes die Europainsignien überreichen: die Urkunde, das Europaschild und die Fahne. Ich denke, einen besseren Einstand als neuer Dezernent einer Schule kann man nicht haben. Aus der Politik möchte ich die Glückwünsche vom Regionspräsidenten, Herrn Jagau ausrichten, der es sehr bedauert heute nicht anwesend sein zu können. Ebenfalls gratuliert uns der Bundestagsabgeordnete Herr Dr. Miersch, der kurzfristig absagen musste, da das Thema Europa keine Sommerpause des Bundestages zulässt. Als Ehrengast freue ich mich den Bürgermeister der Stadt Laatzen, Herrn Köhne, begrüßen zu dürfen. Ich freue mich auch, dass der Leiter der Oberschule Herr Deister der Einladung zu dieser Feierstunde gefolgt ist und begrüße last not least Frau Kiesling, in der Landesschulbehörde verantwortlich für die Koordination internationaler und europäischer Angelegenheiten. Eine immer verlässliche Ansprechpartnerin und Mutmacherin rund um die Bewerbung für das Gütesiegel.
Vielen Dank Frau Kiesling im Namen des EKGs.
Europa, seit Wochen in den Schlagzeilen: Der alte Kontinent am Rande des Abgrundes, Europa in der Dauerkrise, Grexit, Brexit, Flüchtlingsdramen, der Ukrainekonflikt, Bankenkrise, Eurokrise, soziale Krisen, Euroskeptiker und populistische Nationalisten auf dem Vormarsch, aus der Traum vom vereinten Europa, die Akteure sind überfordert, das Publikum wendet sich ab, Europa verabschiedet sich von der Weltbühne, verzettelt sich im Klein, Klein, überlässt den Globalplayern wie China und Russland das Feld, hat die Chance vertan, als friedliche, demokratische Wertegemeinschaft weltweit Einfluss zu nehmen. Stattdessen: „Krieg der Worte“: „Diktat, Erpressung, Terrorismus“, sprachliche Giftpfeile abgeschossen aus den eigenen europäischen Reihen, mit gefährlich zersetzender Wirkung, wie uns das 20. Jahrhundert lehren könnte.
Und dann trotzdem eine Feier hier im Forum anlässlich der Aufnahme des Erich Kästner Gymnasiums in den Kreis der Europaschulen Niedersachsens und Deutschlands? Ein aus der Zeit gefallener Anachronismus? Nein, sondern genau das richtige Signal, ein Leuchtsignal gegen die schrillen Töne, all derer, die meinen, das europäische Projekt interessiere sowieso nur einige der politischen Eliten, Banker und Ökonomen. Dass dem nicht so ist, sondern die Identifikation mit Europa immer mehr im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert werden muss und wird, dafür können unter anderem die Europaschulen ein Stück weit beitragen. Dieses Ziel entspricht dem Selbstverständnis unserer multikulturellen Schulgemeinschaft und wir sind stolz, dass das Erich Kästner Gymnasium heute den „Ehrentitel Europaschule“ erhält und mit diesem Qualitätssiegel das besondere europäisch ausgerichtete Engagement auch offiziell gewürdigt wird. Wir sind damit die erste Schule in Laatzen, die in dieses Leuchtturmprojekt aufgenommen wird und können damit im wahrsten Sinne des Wortes auch nach außen Flagge zeigen. Das klare Signal aussenden: Am Erich Kästner Gymnasium ist die Förderung eines europäischen Bewusstseins bzw. einer europäischen Identitätsbildung wesentliche Bestandteil des Schulprofils. Wir machen unsere Schülerschaft fit für ein Leben in der europäischen Gemeinschaft und motivieren sie nach ihrer Schulzeit aktiv das Europa von Morgen mitzugestalten. Wir haben uns dazu verpflichtet und werden uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen – nachzulesen für jedermann und jede Frau in unserem Europacurriculum und Europakonzept. Kurz auf die Formel gebracht: Alle die ihre Kinder am EKG anmelden, können sicher sein, wo Europa draufsteht, ist auch Europa drin. Dazu passt, wir sind im kommenden Schuljahr auch teilnehmende Schule am Erasmus+ Projekt und erhalten Fördergelder, um mit Schulen in den Partnerländern Norwegen, Schweden und Spanien ein zweijähriges Projekt zum Thema europäische Arbeitswelt durchzuführen. Auch das gilt es heute zu feiern.
Der Weg zum Ziel kann durchaus steinig sein und auch das sollte am heutigen Tag nicht in Vergessenheit geraten.
Unsere Teilnahme am Vorgänger von Erasmus+, dem Comenius Projekt sowie die Planung des im letzten Sommer anstehende Schuljubiläum hat vor circa eineinhalb Jahren den Stein ins Rollen gebracht, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen, die vorhandene europäische Ausrichtung stärker auszuschärfen und für alle sichtbar mit einer erfolgreichen Bewerbung um den Titel „Europaschule“ zu dokumentieren. Natürlich gab es berechtigte Zweifel, dass dieses Ziel neben der täglich anfallenden Arbeit in so kurzer Zeit nicht zu schaffen sei, aber die Optimisten haben sich durchgesetzt, nicht zuletzt aufgrund der positiven Erfahrungen mit dem Comenius Projekt und Dank des sehr engagierten Auftretens Frau van Waverens, selbst überzeugte Europäerin, und ihrem Appell, nicht zu zaudern, sondern dem Gedanken jetzt Taten folgen zu lassen. Der nächste Schritt: die Bildung einer Europagruppe mit der Aufgabe: Sichten der Kriterien für die Antragsstellung, Bestandsaufnahme vergangener Schulaktivitäten, einleiten weiterer Maßnahmen, um die Anforderungen des vorgegebenen Scoringmodells zur Selbsteinschätzung zu füllen, die Mindestpunktzahl von achtzig zu erreichen. Januar 2014, nur noch ein Jahr Zeit, der Berg an Arbeit türmte sich auf, ein fristgerechter Antrag – kaum zu schaffen. Jetzt bewies die Europagruppe wahre Bergsteigerqualitäten, auch wenn die Luft dünn wird, der Gipfel ist das Ziel, sprich die achtzig Punkte.
Effizienz war angesagt, schonender Umgang mit den eigenen Ressourcen. Eine Stammgruppe von Bergführer etabliert, wechselnde Seilschaften aufgestellt, je nach Kapazitäten und Bedarf, phasenweise mutierten alle zur schnellen Eingreiftruppe, wenn es galt, neue Nägel in die Felswand zu schlagen, heißt Aufgaben ins Tal der Schulgemeinschaft zu bringen wie: Teilnahme an Wettbewerben, Durchführung von Projekten, Implementierung des Themas ins Curriculum der Fächer, Erweiterung des Ganztagsangebots und immer wieder Verschriftlichung, Geleistetes dokumentieren. Das Sammeln wurde zur Sucht, der Ehrgeiz wuchs, 80 Punkte lächerlich, unter 100 läuft nichts und natürlich schaffen wir auch noch das optionale Europakonzept. Am Ende standen stolze 128 Punkte von 140 möglichen und damit eine geglückte Erstbesteigung. Dieser Erfolg ist zunächst dem Einsatz unserer Schulgemeinschaft insgesamt zu verdanken, beispielhaft dafür stehen die von der SV initiierten Projekttage zu Europa der letzten drei Tage, wo alle Akteure, ob Schüler oder Lehrerin, trotz der Länge des Schuljahres sich fantastisch engagiert haben. Bevor ich aber jetzt den zeitlichen Rahmen sprenge und hunderte von Namen vorlese, möchte ich mich auf einen kleinen Personenkreis beschränken, ohne deren Dauereinsatz über anderthalb Jahre, das Projekt gescheitert wäre. Insbesondere für ihren Einsatz in der Planungs- und Durchführungsphase bedanke ich mich bei: Frau Bergner, Frau Bons, Frau Paulsen, Frau Richter, Herrn Busch, Herrn Freyer, Herrn Waldeck. Bei der SV, insbesondere bei Nike und auch bei den Eltern und dem Förderverein – ich erinnere nur an das phänomenale internationale Buffet anlässlich unseres Jubiläums.
Ganz besonders gilt der Dank den drei Personen, die den Aufstieg zum Gipfel vom Anfang bis zum Schluss organisiert und betreut haben, ohne die die Verschriftlichung des Antrags in den letzten Januartagen, quasi auf den letzten Drücker, nie erfolgt wäre: Frau van Waveren, Herr Riese und Frau Matz, die Gipfelstürmer. Parallel dazu auch noch Kraft für das Besteigen eines weiteren Berges, Erasmus+ zu haben, das ist nicht mehr zu überbieten: Dank an Herrn Busch, Frau Bons und auch hier wieder federführend dabei Frau Matz und Herr Riese.
Wie einleitend schon festgestellt, nie war es wichtiger in einem Europa der Krisen ein Leuchtsignal an die junge Generation zu senden, das da heißt: Europa fängt im Kopf an, nicht im Portemonnaie.
Ich danke für die Aufmerksamkeit
Hella Kohl, Schulleiterin