Er betonte, dass es – wie auch in anderen politischen Bereichen – im Handelsbereich drei Levels gäbe: multilateral (z. B. im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO), bilateral (Handelsabkommen zwischen einzelnen Staaten) und unilateral (einzelne Staaten agieren handelspolitisch selbständig). Die Besonderheit der EU sei dabei, dass die Handelspolitik in deren ausschließliche Zuständigkeit falle und die EU bei der Aushandlung von Handelsabkommen mit anderen Ländern strikt auf die Einhaltung von Menschenrechts-, Arbeits- und Umweltstandards achte. So ist zum Beispiel im Handelsabkommen mit Vietnam das Verbot von Kinderarbeit enthalten. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass die Kontrollen der Umsetzung dieser Standards vor Ort nicht immer leicht sei. „Wie haben als EU z. B. afrikanischen Inspektoren Vespas zur Verfügung gestellt, damit sie schnell und flexibel vor Ort ihre Kontrollen auf den Plantagen durchführen können“, so Lange. Vor dem Hintergrund eines zunehmend schärfer werdenden und ideologisch aufgeladenen Konfliktes zwischen den USA und China warnte Lange vor einem voreiligen Schulterschluss mit den USA, die eher eine stärkere Abgrenzungspolitik gegenüber China (jüngstes Verbot der Ausfuhr von Halbleitern) betreiben. Für die EU ist China ein Partner – z. B. beim globalen Klimaschutz – , ein Wettbewerber im ökonomischen Bereich und zugleich ein politischer Systemrivale. Die Gefahr einer zu starken einseitigen Abhängigkeit der europäischen Wirtschaft von China zum Beispiel auf dem Sektor der sog. kritischen Rohstoffe und Mineralien und die damit verbundenen Risiken sieht er nicht, da die gegenseitigen ökonomischen Verflechtungen, Abhängigkeiten und Vorteile zwischen beiden Blöcken nach seiner Einschätzung zu groß seien. Gleichwohl gehe es darum, in Zeiten einer „fragmentierten Globalisierung“ mit zunehmenden protektionistischen Tendenzen die europäischen Ökonomien noch stärker zu diversifizieren. Die EU reagiere darauf z. B. mit einer Lockerung ihrer Beihilferegelungen, um eine Investitionsverlagerung europäischer Konzerne in die USA durch den Inflation Reduction Act, der in den USA ansässige Unternehmen durch Steuervergünstigungen und Subventionen bevorzuge, möglichst zu verhindern.
Die sich an den Impulsvortrag anschließende Frage- und Diskussionsrunde gestaltete sich kurzweilig und berührte weitere Themen wie das vor der Ratifizierung stehende EU-Handelsabkommen Mercosur mit vier südamerikanischen Staaten, den zunehmend stärker werdenden illegalen Handel mit Holz aus Myanmar und Rumänien sowie die Exportsubventionen der EU für landwirtschaftliche Produkte, die insbesondere in der Vergangenheit sich schädlich für die afrikanischen Produzenten ausgewirkt haben. Die vielfältigen Fragen der Schülerinnen und Schüler zeigten deren hohes Interesse an dem Thema und die sehr gute Vorbereitung auf die Veranstaltung.
„Ich fand die Ausführungen von Herrn Lange sehr interessant und anschaulich. Sie haben die im Unterricht vermittelten Inhalte noch einmal gut abgerundet und ergänzt“, so ein Schüler, der für seine mündliche Prüfung das Thema Globalisierung und Außenwirtschaft als Schwerpunkt gewählt hat.
Auch Herr Roggenbrodt zeigte sich sehr zufrieden mit der Veranstaltung: „Herr Lange hat mit seinem sehr kenntnisreichen und schülergerechten Auftritt die Schülerinnen und Schüler in seinen Bann gezogen. Deren hohe Aufmerksamkeit und Interesse am letzten Schultag verdient ein besonderes Lob.“ Er entließ sie in die Osterferien mit dem hoffnungsvollen Ausblick, dass sich der eine oder andere in der Veranstaltung angesprochene Aspekt in der schriftlichen und/oder mündlichen Abiturprüfung wiederfinden möge.